Dies ist die archivierte Version des Blogs vom 05.01.2017. Aktuelle Beiträge findest du unter thomas-leister.de
 

Nachdem ich im Sommer diesen Jahres meine Aktivitäten im sozialen Netzwerk Diaspora schon pausiert hatte, habe ich vor ein paar Tagen meinen Account deaktiviert. Ich will hier kurz begründen, wieso ich meine social Networking Aktivitäten heruntergefahren habe bzw. im Diaspora Netzwerk nicht mehr aktiv war und wohl auch nicht mehr so schnell aktiv sein werde.

Social Networking kann ein Zeitfresser sein

Letztes Jahr (damals noch mit eigenem Diaspora-Server) war ich sehr aktiv im Netzwerk. Ich habe einen großen Teil meiner Freizeit damit verbracht, durch den Stream zu scrollen, zu liken, zu kommentieren, und eigene Posts (mal mehr, mal weniger wertvoll) zu verfassen. Neue Benachrichtigungen waren etwas tolles, das man sich gleich ansehen und darauf reagieren wollte. Es ist fast zu einer Sucht geworden: Den Stream aktualisieren, bis ein neuer Post eintrifft, die Benachrichtigungen beobachten und möglichst zeitnah zu antworten. Vielleicht erkennt sich da ja auch so manch anderer Diaspora-Nutzer wieder?

Seitdem ich kein social Networking mehr betreibe, kann ich mich wieder anderen Dingen widmen – der Zeitgewinn ist beachtenswert.

Diaspora als Newsfeed

Ein großer Teil der Posts im Netzwerk hatte nur einen Zweck: Nachrichten weiterverbreiten. Der Stream war voll mit News  – egal zu welchem Thema. Manchmal wurde das kurz noch kommentiert – oft aber auch nicht oder nicht besonders ausführlich. Am Ende des Tages war der Stream häufig geflutet mit denselben Meldungen, und persönliche Inhalte gingen darin unter. Diaspora war dann mehr wie ein Feedreader, in den man sämtliche Nachrichtenquellen eingepflegt hatte. News lese ich lieber über meinen RSS-Feedreader. Auf einen Post, der nur einen Link zu einem Newsportal beinhaltet, garniert mit ein paar Hashtags, kann ich verzichten. Vor allem der Umstand, dass man dieselben News oft mehrmals im Stream hatte, hat mich gestört.

Das Klima

Mein wichtigster Grund für den Ausstieg ist aber das soziale Klima bei Diaspora. Die meisten User sind zwar sehr freundlich, aber es sind häufig die Inhalte, die mich gestört haben.

Zum einen wäre da die ständige (Selbst-)Beweihräucherung. Diaspora ist so toll, Diaspora ist das beste (und nein, so toll ist es nicht – aber dazu kommen wir später). Nebenher hatte man ständig „Anti-Facebook“ Posts im Stream. Liebe Leute… Was nützt ein Anti-Facebook Post in einem Netzwerk, in dem so gut wie niemand auf Facebook vertreten ist? Dass Facebook doof ist, wissen wir alle. Aber das brauche ich nicht jeden Tag 5x im Stream. Genauso wenig brauche ich tägliche Lobeshymnen auf Linux und die Open Source Welt oder das permanente Gemecker, wenn jemand Closed Source Software verlinkt oder lobt. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Teile der Community wären in eine Stallman’sche Sekte eingetreten.

Ähnlich verhält es sich mit dem politischen Bild, das durch Diaspora überwiegend transportiert wird. Dass so gut wie alle User politisch links stehen, stört mich nicht. Was mich aber stört, sind die vielen radikalen Linksextremisten, die einem im Netzwerk immer und immer wieder begegnen und einem ihre Lebenseinstellung oder ihre Ideale aufzwingen wollen. Israel wegen seiner Politik kritisieren? Geht nicht. Schließlich leben dort Juden, und die darf man nicht kritisieren. Schon gar nicht als Deutscher, der ja quasi eine Erbsünde mit sich trägt.

Ich habe mich zu oft in einem politischen Milieu wiedergefunden, das ich ablehne: Ein Milieu, in dem sture, oftmals unrealistische Forderungen ohne Kompromissbereitschaft geäußert wurden.

Technisches

Technisch gab es zum Zeitpunkt der Pausierung meiner Aktivitäten auch einige Punkte, die mich gestört haben: Ein überbreites Seitenlayout, welches die Lesbarkeit verschlechtert hat, keine automatische Aktualisierung der Posts, fehlerhafte Kommentarübertragung und daraus folgende, zerrissene, unvollständige Diskussionen, eine schon so gut wie immer fehlende, automatische Aktualisierung der Benachrichtigungen …

… und die Tatsache, dass man mit einer neueren Version des Servers mit jedem „Like“ auch gleich die Kommentare zu einem Post abonniert hat. Wenn ein neuer Kommentar zu einem Post verfasst wurde, den man zuvor geliked hat, gab es eine neue Benachrichtigung. Dass daraus mit der Zeit eine Benachrichtigungsflut folgt, dürfte klar sein. Ich weiß nicht, wer sich den Unsinn ausgedacht hat. Jedenfalls war jeder Klick für einen Like gleich verbunden mit einem weiteren Klick auf „Kommentare deabonnieren“. Sehr umständlich und mehr als lästig.

Stutzig hat mich auch gemacht, dass der Diaspora-Server zwar die hochgeladenen Fotos in Originalgröße im Speicher aufbewahrte, diese aber niemals anzeigte. Die Lightbox zeigte vielmehr so etwas wie einen Thumbnail, nur etwas größer. Viel zu erkennen war darauf nicht. Um die Vollversion eines Fotos zu bekommen, musste man die URL manuell manipulieren. Ich frage mich bis heute, was man sich dabei gedacht hat. Hunderte Gigabyte Speicher verschwenden für etwas, was der User (ohne spezielles Wissen) nie zu Gesicht bekommt…

Dann lieber bloggen

Seit meiner Diaspora-Pause habe ich mich wieder stärker auf meinen Blog konzentriert. Ich gebe zu, dass mir einige wenige User aus dem Diaspora-Netzwerk tatsächlich fehlen. Die meisten davon kann ich aber auch via XMPP erreichen oder via E-Mail. Insofern: Seid mir nicht böse – an euch lag es nicht.

Vielleicht kehre ich eines Tages zurück. Oder ich trete einem anderen Netzwerk bei, das sich etabliert. Aktuell habe ich aber nicht groß das Bedürfnis, in einem sozialen Netzwerk aktiv zu sein. Ohne lebt es sich eigentlich auch ganz gut – und mit dem Gedanken bin ich nicht allein.


Post published on 16. Dezember 2015 | Last updated on 16. Dezember 2015
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Thomas Leister

Geb. 1995, Kurzhaar-Metaller, Geek und Blogger. Nutzt seit Anfang 2013 ausschließlich Linux auf Desktop und Servern. Student der Automobilinformatik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Landshut.

19 thoughts on “Vorerst kein Diaspora mehr für mich

  • Hier, du Lobeshymnenverteiler: Was machst du dann auf OSBN, wenn nicht Lobeshymnen anhören?

  • Schau dir doch mal GNU Social an – frisst auch Zeit, aber ohne allzu große Selbstbeweihräucherung.
    https://gnusocial.de

  • alles Gute, schade, nachvollziehbar.

  • Ja da kann ich nur wünschen:

    Happy Hacking!

    Cheers,
    Florian

  • Jaaaa… da spricht mir einiges aus der Seele. Seit einigen Tagen fahre ich meine Zeit auch immer wieder etwas herunter.

    • Ich finde da auch einge Gedanken wieder, die mir so durch den Kopf gehen. Das mit den News teilen finde ich eher nicht so schlimm, es ist halt bissel wie twitter.

  • Ich kann dir in keinem Punkt widersprechen. Schade das du weg bist, hattest oft gute Beiträge.
    Die fehlen jetzt im News-lastigen Stream.

    Ich bleibe weiterhin bei Diaspora. Hab noch nichts besseres gefunden und bin auch nicht so genervt wie du, liegt vielleicht auch daran das ich es nicht so intensiv nutze wie du es gemacht hast.

    Alles Gute Michi

  • hi thomas,

    lese deinen blog eigentlich recht gern. das ziemlich kurze „die radikalen linksextremisten“ klingt für mich jedoch ein bisschen fad. ich bin auch keine person, die unbedingte israelsolidarität fordert, bürgerliche staaten feiern ist sowieso mist. aber dass das eines deiner gründe sein soll.. joa. whatever. finds nur zu kurz.

    werde deinen blog trotzdem weiterlesen, meist eher wegen der technischen hintergrundinfos. also nicht böse sein, an allem an deinen aussagen liegts nicht ;)

    • Die Sache mit Israel sollte nur ein Beispiel sein für Dinge, die mir immer wieder negativ aufgefallen sind. Es gibt noch eine Hand voll anderer Themen, zu denen in D* manchmal (meiner Meinung nach) stumpfe Gedanken kursieren, wie z. B. Dass von der Amerikanischen Politik nur böses ausgehe oder dass in Deutschland jeder Politiker sich nur von der Wirtschaft bezahlen lasse. Darauf wollte ich nicht näher eingehen. Wichtig war mir das Beispiel nur, weil ich des öfteren bereits verfasste Texte nicht abgeschickt habe, um ärger aus dem Weg zu gehen und mir die ewigen Diskussionen zu ersparen.

      LG Thomas

  • Schade das Du Diaspora den Rücken kehrst, aber generell verstehe ich Deine Entscheidung.

    Ich selbst bin zwar kein Freund von CSS, aber ich sehe durchaus das es manche CSS gibt für die es noch keinen adäquaten Ersatz als OSS gibt. Also werde ich mich da wenn es sich nicht gerade um was sicherheitsrelevantes handelt zurückhalten.

    Und linksradikal zu sein heißt nicht, dass man Entwicklungen in Israel nicht kritisch sehen darf. Ganz im Gegenteil ist es wichtig sie kritisch zu betrachten und zu hinterfragen. Genauso wie das Verhältnis zwischen Deutschland und Israel. Den auch wenn ich linksradikal bin, halte ich noch lange nichts von der israelischen Politik oder verschiedenen politischen Akteuren dort.

    Lasse es Dir gut gehen, werde auf jeden Fall ab und an hier rein schauen.

  • Tja, irgendwie hat sich bei mir auf Diaspora vieles geändert. Die ganzen linken Diskussion kommen mir zumindest nicht mehr zu Gesicht. Dieses ganze x ist besser als y ist auch stark zurück gegangen. Diaspora ist viel internationaler geworden.
    Aber ein kleiner Newsfeed ist es immer noch.
    Vieles was mich auch mal zu einer Pause verleitet hat ist irgendwie weg. Mein Diaspora Hype ist auch zuende und ich nutze es zur Zeit ganz relaxt, da können auch mal 15Std. Und mehr vergehen bis ich aktualisierte und auf einen Kommentar antworte, wenn ich es Oberhaupt mache.
    Schade das Du weg bist…
    Gruss Marlon

  • Auch ich kann Dich verstehen, und ich weiß, wie sicher der Kater ist, wenn die Euphorie soweit ging, sogar selbst einen pod zu hosten.
    Ich teile Deinen Frust über Diaspora* auch bezüglich Weitersagern und speziell das Versagen von Hashtags und Kanälen zur Pflege der timeline.
    Aber wir brauchen hier gerade Leute wie Dich, die selbst schreiben, über ihre Nutzung den Metadiskurs führen und dabei aktiv und fundiert mit den Entwicklern kommunizieren.
    Bitte bleib noch dabei, und Bau Dir eine neue Timeline zusammen!

  • Ich habe mich auch schon eine Weile von Social Media zurückgezogen und der Zeitgewinn ist tatsächlich enorm. Statt in die sinnlosen Streams oder Grabenkämpfe zu lesen, tüftle ich lieber an Sachen, verbessere Fotos und so weiter. Mich hat Social Media am Schluss so dermaßen genervt – genau wie Du schreibst: Entweder Selbst-Beweihräucherung, den Untergang der Welt orakeln oder einfach nur sinnloser Unsinn.

    Seitdem ich nur noch sehr sporadisch auf sozialen Medien unterwegs bin, geht es mir wesentlich besser.

  • Die Menge macht das Gift :-P

  • Moin Thomas,
    danke für das Statement und die Kritik, vieles davon kann ich bestätigen, manchem würde ich widersprechen.
    Natürlich wird über Facebook gesprochen, wobei das immer schwankt. Man kann sich dem blauen Riesen nicht immer unbedingt entziehen, da man ständig damit konfroniert wird. Oder ist das bei dir in der Uni anders? Gerade sehe ich davon übrigens nicht mehr viel in mein Stream ;)
    Weitergesagte Sachen blende ich derzeit durch Greasmonkey aus, weil mich das zu arg genervt hat.
    Dogmen kann ich auch nicht ab, egal welcher Indeologie sie folgen. Relativ nervig sind übrigens derzeit ein paar „neurechte“ die eine krude Rassenideologie verbreiten. Da verpasst du echt nix mit denen.
    Zeitfresser, usw. ja. Für mich ist derzeit aber der Benefit größer, man trifft virtuell klasse Leute (siehe krutor den du von da kennst ;P ) und die Community (bzw. große Teile davon) sind echt Hilfsbereit wenn es um Fragen von Opensource oder Netz-Dingen geht. Was die Community alles bereit stellt ist klasse, siehe du mim Jabber-Server, ich hab nach nem Mumble-Server gefragt und hatte 2 Std. später mehrere Angebote Server zu nutzen :)
    Ich übertreibe es auch manchmal und brauch dann erstmal meine D* Ruhe, aber bisher kehre ich immer wieder zurück ;)
    Freue mich von dir zu lesen, egal auf welcher Plattform,
    lg
    krutor

  • Hallo Thomas!

    Das sind durchweg nachvollziehbare Gründe, die du anführst. Aber vielleicht kehrst du eines Tages zurück? Nur aus eigener Perspektive gesprochen kann sich über soziale Netzwerke auch entsprechend im Detail besser kennenlernen und den Fokus neu setzen. Ich nehme dich da bei dem letzten Satz, den du verfasst hast und halte es ebenso wie krutor: Mir ist das Medium relativ gleichgültig. Dann besuche ich dich eben öfters in deinem Blog, was ich so oder so schon getan habe. :)

    Gruss,
    Tobi.

  • Gut geschrieben, ich kann dir in den meisten Punkten wirklich zustimmen (außer vielleicht bei der Sache mit dem Automatischen abonnieren, da war ich schon immer Befürworter von). Hab mich selber vor knapp 5 Monaten dazu entschlossen meine diaspora-Aktivität erstmal zu beenden.

    Mir hat zudem auf diaspora mehr und mehr das persönliche gefehlt. Ich weiß nicht ob es wirklich keine Leute mehr gibt die dort was persönliches von sich schreiben oder ob diese im gesamten Rest untergehen auf jeden Fall kam bei mir nichts mehr davon an. diaspora besteht (wie du es schreibst) momentan aus Newsfeeds zu Technik und Politik und noch irgentwas, kann gar nicht genau sagen was aber das Klima stimmt einfach nicht mehr.

    Das Problem mit den radikalen Beiträgen kenn ich auch sehr gut, wobei man aufpassen muss, es gibt aus der Ecke auch Leute mit denen man verdammt gut klar kommen kann z.B. ein sehr netter Rabe :-).

    Außerdem hab ich das Gefühl das immer weniger kommentiert wurde, zumindest bei mir wurden sinnvolle Reaktionen immer seltener. Es ist einfach nicht (mehr) das was ich von einem sozialen Netzwerk erwarte.

    Ich werde zwar diaspora weiter im Blick behalten aber mich weiterhin zurückhalten.

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